Pflegestufen im Überblick

Aktuell gibt es drei Pflegestufen in Deutschland. Je höher die Beeinträchtigung der betroffenen Person ist, desto höher ist die Stufe und damit auch der Anspruch auf Pflegeleistungen. Erst seit kurzem gibt es auch eine Pflegestufe 0 für Demenzkranke, die in Zukunft durch ein neues Gesetz noch stärker gefördert werden sollen. Ab 2017 wird das bisherige System durch das Pflegestärkungsgesetz II durch eine genauere Unterteilung in fünf Pflegestufen abgelöst.

Um als pflegebedürftig zu gelten, muss eine Person eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung haben. Diese Beeinträchtigung führt bei Pflegebedürftigen dazu, dass alltägliche Aufgaben auf Dauer, voraussichtlich für mindestens ein halbes Jahr, nicht mehr alleine bewerkstelligt werden können.
Pflegebedürftige erhalten Zuschüsse für die Betreuung und Hilfe, etwa beim Einkaufen oder bei der Körperhygiene.

Welche Pflegestufen gibt es nun in Deutschland genau? Unser Team stellt die verschiedenen Pflegestufen ausführlich vor und erklärt, mit welcher Unterstützung Betroffene und Verwandte jeweils vom Staat rechnen können. Darüber hinaus geben wir einen Einblick, wie sich das System in Zukunft ändern wird.

Welche Pflegestufen gibt es? Unterschied zwischen Stufe I bis III

Hauptkriterium für die Pflegestufe ist der zeitliche Aufwand, welcher täglich für die Hilfe der pflegebedürftigen Person notwendig ist. Dieser Pflegeaufwand reicht pro Tag von 90 Minuten bis hin zu 5 Stunden. Dabei wird der durchschnittliche Wert eines Tages anhand einer ganzen Woche ermittelt. Liegt ein Tag also unter der erforderlichen Grenze, kann dies durch einen höheren Aufwand an anderen Tagen kompensiert werden.

Erfasst wird ebenfalls, wie hoch der Anteil für die Grundpflege ist, wie oft die Person also beispielsweise Hilfe beim Waschen, Essen oder der Fortbewegung benötigt. Voraussetzung ist darüber hinaus für alle drei Pflegestufen auch, dass der betroffene Mensch mehrmals pro Woche Hilfe im Haushalt benötigt.

Pflegestufe I
In der Pflegestufe I wird der Person eine erhebliche Pflegebedürftigkeit attestiert. Das heißt, dass der Betroffene mindestens einmal pro Tag Unterstützung benötigt und zwar in zwei Bereichen der Grundpflege, zum Beispiel bei der Körperpflege und der Ernährung. Der Zeitaufwand fällt mit 90 Minuten pro Tag im Vergleich zu den anderen Stufen relativ gering aus. Mehr als die Hälfte dieser anderthalb Stunden müssen auf die Grundpflege entfallen.
Pflegestufe II
In der zweiten Pflegestufe ist die Person schwer pflegebedüftig. Sie benötigt drei Mal am Tag zu unterschiedlichen Zeiten Unterstützung. Insgesamt entsteht somit ein Pflegebedarf von mindestens drei Stunden, von dem zwei Stunden für die Grundpflege der wichtigsten Bedürfnisse verwendet werden.
Pflegestufe III
Am stärksten sind Menschen aus der Pflegestufe III auf fremde Unterstützung angewiesen. Hier spricht der Gesetzgeber von einer Schwerstpflegebedürftigkeit, die eine Betreuung rund um die Uhr notwendig macht. Also muss die Person auch während der Nacht im Auge behalten werden. Für die Grundpflege sind pro Tag mindestens vier Stunden, insgesamt mindestens fünf Stunden notwendig.

Härtefallregelung: Wenn Pflegestufe III nicht ausreicht

Es kann vorkommen, dass der Pflegebedarf deutlich höher ausfällt als es die Mindestanforderungen für die Pflegestufe III vorsehen. Bei einem extrem hohen und intensiven Pflegeaufwand können Angehörige die Härtefallregelung beanspruchen. Die Pflegekasse sieht für Härtefälle höhere Ausschüttungen in Form von Sachleistungen, also professioneller Hilfe durch Pflegedienste vor. Bei solchen Extremfällen muss die Grundpflege über ein Viertel des Tages, also sechs Stunden, dauern. Außerdem muss sie davon mindestens drei Mal in der Nacht durchgeführt werden. In vollstationären Einrichtungen fließt hier auch die kontinuierliche medizinische Behandlungspflege ein.

Eine weitere Voraussetzung tritt dann ein, wenn die Grundpflege auch in der Nacht nicht von einer Person alleine, sondern nur von mehreren Pflegern vorgenommen werden kann. Dabei muss mindestens ein Pfleger bei einem professionellen Dienst tätig sein, während die andere unterstützende Person auch ein naher Verwandter oder Partner sein kann.

Pflegestufe 1 bis 3 im Überblick:

Pflegestufe Grundpflegebedarf Hilfebedarf pro Tag insgesamt

  • Stufe 1: 1 Mal täglich mindestens 46 Minuten 90 Minuten
  • Stufe 2: 3 Mal täglich, insgesamt mind. 2 Stunden 180 Minuten
  • Stufe 3: mindestens 4 Stunden, Tag und Nacht 300 Minuten
  • Härtefall: mindestens 6 Stunden, drei Mal in der Nacht

oder: Auch nachts zwei Pfleger notwendig

Pflegestufe 0 gibt es erst seit kurzem

Manche Personen werden durch die verschiedenen Stufen jedoch nicht erfasst. Die bisherigen Gesetze richteten sich mehr nach dem Grundbedarf an Pflege, gingen aber nicht auf geistige Verwirrtheit ein. Dafür gibt es die Leistungen nach § 45a und § 45b SGB XI, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Pflegestufe 0 zusammengefasst werden. Die Pflegestufe 0 wurde mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz zum Beginn des Jahres 2013 eingeführt. Grundsätzlich finden hier Menschen ihren Platz, deren „Einschränkung der Alltagskompetenz“ nicht für die erste Stufe genügt. Wer „nur“ körperlich eingeschränkt ist und geistig nicht verwirrt ist, erhält allerdings keine Leistungen von der Pflegekasse für die häusliche Pflege. Eine Unterstützung gibt es hingegen für Demenzkranke, die häufig als Beispiel für die Pflegestufe 0 genannt werden. Aber auch bei Alzheimer, Altersverwirrheit oder dem Down-Syndrom sind die Voraussetzungen der Pflegestufe 0 in der Regel erfüllt.

Der Gesetzgeber hat zwölf abweichende Verhaltensmuster für die Einstufung in die Pflegestufe 0 definiert. (Eine genaue Auflistung der Voraussetzungen findet sich hier.) Zu den möglichen Voraussetzungen zählen beispielsweise die Störung des Tag-/Nacht-Rythmus oder Selbstgespräche. Andere Verhaltensweisen können sogar die Person selbst und andere Menschen gefährden, wie etwa das unkontrollierte Verlassen des Wohnbereichs oder das Aufdrehen des Gasanschlusses ohne Grund. Durch dieses Verhalten ist es notwendig, die betroffene Person zu beaufsichtigen und betreuen. Wie hoch dieser Grundpflegebedarf ausfällt, ist anders als in den drei weiteren Stufen nicht entscheidend.

Welche Leistungen gibt es in den Pflegestufen?

Es ist nicht verwunderlich, dass die Kosten für die Pflege je nach Aufwand und Stufe steigen. Wer jedoch mit den genauen Zahlen für die Pflege konfrontiert wird, erlebt hingegen nicht selten eine böse Überraschung. Selbst in der ersten oder zweiten Pflegestufe kommt pro Monat schnell ein vierstelliger Betrag für externe Pflegekräfte oder die Betreuung im Heim zusammen. Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung reichen dafür nach Angaben der Stiftung Warentest in vielen Fällen nicht aus, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Dadurch entsteht eine Versorgungslücke, welche Stiftung Warentest auf mindestens 540 Euro pro Monat in der ersten Pflegestufe beziffert. In der Pflegestufe III können monatlich gar bis zu 2.365 Euro fehlen. Auch das Verbraucherschutzmagazin ZDF-WISO schätzt die Versorgungslücke im schlimmsten Fall auf bis zu 2.000 Euro ein und rät daher zu privaten Zusatzversicherungen.

Die gesetzliche Pflegekasse schlüsselt ihre Leistungen nach der Art der Pflege auf. Wer Angehörige selbst pflegt, erhält weniger, als wenn er einen Pflegedienst (sogenannte Pflegesachleistungen) beauftragt oder die pflegebedürftige Person in einem Heim unterbringt. Zudem erhalten nicht-demente Menschen in den Pflegestufen 0, I und II weniger als Demenzkranke. Nur in der höchsten Pflegestufe wird kein Unterschied gemacht. Insgesamt wird zwischen den folgenden vier Pflegearten unterschieden:

  • Pflegegeld für Angehörige
  • Pflegesachleistungen für „mobile“ Pflegedienste
  • Tages- oder Nachtpflege in Einrichtungen
  • Vollstationäre Pflege

Am größten ist der Unterschied zwischen Menschen, die zu Hause allein durch einen nahen Angehörigen gepflegt werden und Personen, die in einer vollstationären Einrichtung (Pflegeheim oder Wohngemeinschaft) untergebracht sind.

Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung

Pflege durch Angehörigen,nicht demenzkrank Pflege durch Angehörigen,demenzkrank Pflege in einem Heim (Demenz macht keinen Unterschied)
Pflegestufe 0: 0,00 € 123,00 € 0,00 €
Pflegestufe 1: 244,00 € 316,00 € 1.064,00 €
Pflegestufe 2: 458,00 € 545,00 € 1.330,00 €
Pflegestufe 3: 728,00 € 728,00 € 1.612,00 €

Quelle: Stiftung Warentest, Zeitschrift Finanztest 05/2015

Für Härtefälle sind sogar bis zu 1.995 Euro vorgesehen. In allen Gruppen gleich sind zusätzliche Hilfsmittel von bis zu 40 Euro pro Monat. (Weiterführende Informationen können in diesem kostenpflichtigen Artikel der Finanztest eingesehen werden.)

Wie werden die Pflegestufen festgestellt?

Um Leistungen zu erhalten, muss aber natürlich zunächt eine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden. Der zuständige Ansprechpartner ist die Krankenversicherung, die auch die Beiträge für die Pflegeversicherung kassiert. Mit Hilfe eines Formulars kann ein Antrag auf Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit gestellt werden. Wichtig ist es, die Angaben möglichst genau zu machen. Dabei kann ein Pflegetagebuch helfen, in dem der tägliche Aufwand dokumentiert wird. Das erhöht die Chancen, in einer höheren Pflegestufe eingeordnet zu werden. Zudem muss der Betroffene auch seinen Wunsch äußern, ob er zu Hause durch Angehörige oder durch mobile, teil- oder vollstationäre Pflegedienste betreut werden möchte.

Einige Wochen nach dem Verschicken des Antrags stattet der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) der betroffenen Person beziehungsweise Familie einen Hausbesuch ab. Nach einer intensiven Beobachtung beurteilt der MDK schließlich, welche Pflegestufe für den hilfebedürftigen Menschen angebracht ist.

Wie viele Menschen gibt es in den einzelnen Pflegestufen?

Ende 2013 führte das Statistische Bundesamt mehr als 2,5 Millionen Deutsche als pflegebedürftig auf.Nach Angaben von ZDF-WISO ist die Zahl im Sommer 2015 geringfügig auf 2,6 Millionen Menschen gestiegen. Etwa die Hälfte dieser Menschen wird zu Hause versorgt. Je höher die Pflegestufe, umso eher entschieden sich die Angehörige aber für die Unterbringung in einem Heim. Mit fast eineinhalb Millionen Menschen findet sich die Mehrzahl der Pflegebedürftigen in der Stufe I wieder. Genau genommen sind es rund 1,465 Millionen Menschen. Mehr als doppelt so viele Menschen sind schwer pflegedürftig. Fast 840.000 Personen gibt es in der Stufe II. 310.000 Pflegebedürftige sind in besonders hohem Maß auf fremde Hilfe angewiesen (Pflegestufe III). Nicht in der Statistik taucht die neue Pflegestufe 0 auf.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung rechnen Experten bis 2050 mit einem Anstieg auf 4,4 Millionen Pflegebedürftige. Seit Mitte der 90-er-Jahre hat sich die Zahl der pflegebedürftigen Personen von knapp über einer Million (1,06) schon mehr als verdoppelt. Größtenteils geht der Zuwachs auf die Pflegestufe I zurück, in den beiden höheren Stufen

Welche Pflegestufen gibt es bald? Erweiterung auf fünf Pflegestufen

In dem aktuellen System werden nach Ansicht von Kritikern nicht alle Menschen treffend erfasst. Damit in Zukunft bessere Unterscheidungen möglich sind, wird es ab 2017 auf fünf Pflegegrade ausgebaut. Gefördert werden dadurch insbesondere Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, also in erster Linie demenzkranken Personen. Somit werden geistige Beeinträchtigungen mit körperlichen Hindernissen gleichgestellt.

So sehen die Änderungen im Einzelnen aus:

  • Die aktuelle Pflegestufe 0 wird zum Pflegegrad I
  • Pflegestufe I (ohne Demenzkranke) fällt unter Pflegegrad II
  • Zum Pflegegrad III zählen künftig sowohl demenzkranke Personen der Pflegestufe I als auch die Pflegestufe 2 ohne Demenz
  • Pflegegrad IV umfasst Menschen der Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz sowie Pflegebedürftige aus der höchsten Stufe III ohne Demenz
  • Härtefälle sowie Demenzkranke der Pflegestufe III werden in dem Pflegegrad V eingruppiert.

Quelle: Pflegeeinrichtung Jedermann Gruppe aus Brandenburg
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